Der Blick durch andere Augen
Petra Ruppel | 22. Juni 2010Was haben Marilyn Monroe, Wüstenkamele, das Behomot und grüne Hexen gemeinsam?
Sie alle waren am 20.06. in der Eschborner Stadthalle zu Gast! Im Rahmen eines Benefizkonzertes zugunsten der Lebenshilfe Main-Taunus nahmen vier Chöre und ein Akkordeonorchester das Publikum mit auf eine atemberaubende Reise über den Globus und durch die Zeit.
Als charmante Reiseleiterin führte Edda Hoestermann die Zuhörer mit Esprit und Humor durch das außergewöhnliche Konzertprogramm. Und zu jedem Zeitpunkt wurde die Idee des Konzertes spürbar: Dass jeder Mensch, unabhängig von Herkunft, Bildung oder Eigenschaften, einzigartig und wertvoll ist. Und dass man zusammen viel erreichen kann, wenn man handelt – in diesem Falle: singt!
Startpunkt der Konzertreise war Argentinien: Das Akkordeonorchester aus Steinbach-Oberursel unter der Leitung von Erhard Neukum begann mit dem Tango-Klassiker „Libertango“ von Astor Piazolla. Die nächsten Destinationen aber überraschten: Wer hätte gedacht, dass man mit einem Akkordeon italienische Pop-Hits und Rock-Songs aus den 80ern überzeugend meistert? Ob „Azurro“ oder „Ti Amo“, ob Hits aus dem Musical „Cabaret“ oder der Europe-Abräumer „Final Countdown“ – den Zuhörern gefiel‘s. Und so folgte als amüsante Zugabe „Eine Insel mit zwei Bergen“.
Aus Lummerland entführte der Lebenshilfe-Chor die Zuhörer dann geradewegs in die Wüste: Bei „Sum Gali Gali“ sah man den Berber und sein Kamel förmlich vor sich. Danach ging es weiter nach Südafrika: Als WM-Gruß ertönte mit Bongo-Begleitung das hypnotische „Tshotsholoza“.
Am Beispiel von „Singing all together“ demonstrierte die mitreißende Chorleiterin Ute Christmann dem Publikum, wie die verschiedenen Stimmlagen im Chor zusammen wirken, um im Endergebnis einen perfekten Zusammenklang zu erreichen. Dass dabei aber die Leidenschaft nicht zu kurz kommt, zeigte die gewaltige Queen-Hymne „We will rock you“: Die Chor-Mitglieder – Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Betreuer – beeindruckten mit ihrer Energie und Begeisterung für das Singen, ebenso die Solisten, die die selbst getexteten Strophen vortrugen. Diese Erfahrung machten bereits im Vorfeld einige Mitglieder von Songfire, die mit dem Lebenshilfe-Chor geprobt hatten und für die der gemeinsame Auftritt ein besonderes Highlight war. Und so freute sich jeder über die fröhliche Zugabe „Lasset uns singen“.
In der Pause war für Leib und Seele gesorgt: Der Damen Lions Club Eschborn-Westerbach übernahm dankenswerter Weise die Bewirtung der Gäste. Eine Ausstellung im Foyer zeigte die kreativen Arbeiten der Kunstgruppe aus der Villa Luce, dem Wohnheim der Lebenshilfe in Eschborn. Interessierte Besucher konnten sich zudem über die breit gefächerte Förderungs- und Integrations-arbeit der Lebenshilfe Main-Taunus informieren.
Zurück im Konzertsaal entführte Gastgeber Songfire mit der hinreißenden Chorleiterin Anette Marke die Zuhörer mit dem stimmungsvollen „Evening Rise“ ans Lagerfeuer, um sie dann sofort mit „Hinej ma tov“ nach Israel zu katapultieren, von wo es ins mittelalterliche Frankreich ging und das Trinklied „Tourdion“ lustvoll die Freuden des Weines und eines guten Schinkens beschrieb.
Der atemlose Zuhörer konnte etwas ausruhen beim gefühlvollen „What I did for love“, bis das mitreißende „One“ – beides aus dem Musical „Chorus Line“ – wieder alle zum Klatschen animierte. Von New York aus landete Songfire direkt im Lande Oz – bei den Hexen aus „Wicked“. „One short day“ besang die Attraktionen der grünen Smaragdstadt. Die Solistinnen Petra Ruppel und Brigit Christmann berührten das gebannte Publikum mit dem wunderschön gesungenen Duett „Wie ich bin“, begleitet von Christoph Köllner am Klavier. Der Gospel „This little light of mine“ machte aus der Stadthalle dann selbst einen Hexenkessel. Bei der Zugabe hielt es das Publikum nicht mehr auf den Stühlen: Beim Singspiel „Mango Mango“ sangen Songfire und die Zuhörer drei unterschiedliche Texte und tanzten jeweils bestimmte Schrittfolgen dazu – und der ganze Saal macht mit!
Begeistert waren vor allem die Kinder aus dem Chor der Hartmutschule Eschborn, die im Anschluss in die Steinzeit reisten. Unter der Leitung der engagierten Musiklehrerin und Schulleiterin Catrin Taplick präsentierte der Chor vier Songs aus dem Kinder-Musical „Ein Fest für König Gugubo“ der à cappella – Gruppe „füenf“. „Gugusong“, „Das Behomot“, „Parties sind doof“ und „Schlabbersalat“ erzählten die Abenteuer von Gugubo, König der Gugus und seiner steinzeitlichen Untertanen und Freunde, allen voran Behomot, ein rotzfreches, verspieltes Streichelungetüm. Eine phantasievolle Choreographie und beeindruckende Solistenleistungen verzauberten die Zuhörer.
Dann betrat Marilyn Monroe die Bühne, extra angereist für das Benefiz-Konzert. Gemeinsam mit Vox Musicae unter der Leitung von Bettina Kaspary sang sie „Diamond are a girl’s best friend“, und weil’s so schön war, gleich auch noch „Money makes the world go around“ aus dem Musical „Cabaret“. „At the hop“ von Danny & The Juniors und „Mexico“ von den Les Humphries Singers versetzten das Publikum zurück in das Zeitalter von Flowerpower und Hippie-Feeling, um sofort mit dem brüllend komischen „Tekkno“ der Wise Guys zurück in die Gegenwart zu kommen. Nelly Furtado`s dynamisch vorgetragenes „Maneater“ schließlich wurde zur beeindruckenden Demonstration, wie selbst leere Wasserflaschen noch zur knackigen Rhythmusbegleitung genutzt werden können. Das begeisterte Publikum bekam als Zugabe Robbie Williams‘ legendäre Ballade „Angels“.
Das nahe Ende der Veranstaltung kündigte sich an, als Petra Ruppel, 1. Vorsitzende von Songfire Eschborn e.V. sowie Initiatorin und Hauptorganisatorin dieses Benefiz-Konzertes einen symbolischen Scheck der Deutschen Bank an Karin Schleith, 1. Vorsitzende der Lebenshilfe Main-Taunus e.V., überreichte. Die großzügige Spende in Höhe von 1.000 € war das Ergebnis eines sogenannten „Social Day“, in dessen Rahmen sie und sechs weitere Mitarbeiter der Bank sich ehrenamtlich für das Konzert engagierten. In einer kurzen Rede bedankte sich Frau Schleith und zeigte sich besonders beeindruckt von der Integrationskraft der Musik, von der Möglichkeit, dass sich ganz unterschiedliche Menschen über den gemeinsamen Gesang finden können – das Konzert als hervorragendes Beispiel für gelebte Inklusion.
Zum emotionalen Höhepunkt wurde das Abschlusslied „Take a look through my eyes“: Die bewegende Ballade von Phil Collins forderte auf, die Welt auch mal aus einem anderen Blickwinkel, aus anderen Augen zu betrachten. Der perfekte Song also, um für mehr Akzeptanz für die Verschiedenartigkeit der Menschen zu werben. Und diese Botschaft wurde auch gleich in die Tat umgesetzt: Die über 100 Sängerinnen und Sänger aller Chöre standen gemeinsam auf der Bühne und sangen und tanzten – ein Gänsehaut-Augenblick.
Die Spende der Deutschen Bank und die gesamten Reinerlöse des Konzerts in Höhe von mehr als 1.250 € fließen dem Lebenshilfe-Chor zu, um das erfolgreich gestartete Projekt auch in Zukunft zu sichern.
Und eines scheint jetzt schon gewiss: Die gemeinsame Reise von Songfire und dem Lebenshilfe-Chor ist noch lange nicht zu Ende.
Ich möchte an dieser Stelle gerne zwei Kommentare von Mitarbeiterinnen der Lebenshilfe zu unserem Konzert anbringen:
Wir haben viele, viele und nur positive Rückmeldungen erhalten.
Alle unsere Sängerinnen und Sänger sind mehr als stolz und glücklich nach Hause gegangen.
Solch ein Auftritt gibt so viel Selbstbewußtsein, das schaffen wir manchmal mit einigen Jahren an Pädagogik nicht !!!!
Dieses Feedback macht auch uns stolz und motiviert uns zu weiteren Aktivitäten in dieser Richtung. 🙂